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05. Mai 2022
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Medienmitteilung der Sicherheitsdirektion
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Umsetzung NKVF-Bericht: Höhere Nothilfebeträge

Die Sicherheitsdirektion hat die Empfehlungen der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) zur menschen- und kinderrechtskonformen Unterbringung in den kantonalen Rückkehrzentren geprüft. 25 der 31 Empfehlungen des Berichts entsprechen der geltenden Praxis oder waren schon in Umsetzung, bevor der Bericht erschienen ist. Die Sicherheitsdirektion setzt sich für eine Erhöhung des Nothilfebetrags ein. Fünf Vorschläge, namentlich die Einführung eines nichtamtlichen Ausweises zur Umgehung von Bussen wegen illegalen Aufenthalts oder die finanzielle Entlöhnung für Putzarbeiten in der eigenen Unterkunft, lehnt die Sicherheitsdirektion hingegen ab.

Die Sicherheitsdirektion (SID) hat die Prüfungsarbeiten zu den Empfehlungen im Bericht der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) abgeschlossen. Sie unterstützt den Vorschlag, höhere Nothilfebeträge für weggewiesene Asylsuchende auszurichten. Heute erhält eine aus der Schweiz weggewiesene Einzelperson bei Bedürftigkeit acht Franken pro Tag für die Deckung des Grundbedarfs. Bei Familien wird dieser Betrag wie bei der normalen Sozialhilfe und der Asylsozialhilfe abhängig von der Anzahl Personen pro «Haushalt» reduziert. Die SID wird dem Regierungsrat vorschlagen, den Betrag auf zehn Franken pro Person und Tag zu erhöhen. Massvolle Abzüge bei Familien mit Kindern sind erst ab vier Personen vorgesehen. Bei dringendem und nachgewiesenem Bedarf werden weiterhin zusätzliche Mittel zu den Nothilfeleistungen, «andere Sachmittel» genannt, bereitgestellt oder finanziert. Dazu gehören auch Leistungen, die Familien und insbesondere Kindern zugutekommen (z.B. Babyausstattung, Kindergarten- und Schulmaterial, Schullager, Transportkosten, ärztlich verordnete und nicht kassenpflichtige Medikamente und Hilfsmittel usw.). Die Nothilfebeiträge bewegen sich dadurch aber nach wie vor im Rahmen der Nothilfe, wie die nationale Gesetzgebung das vorschreibt.

Die Nothilfeleistungen werden bei Bedürftigkeit auf Ersuchen hin entrichtet. Sie beschränken sich grundsätzlich auf das verfassungsrechtliche Minimum (Art. 16 Abs. 1 EG AIG und AsylG). Die Nothilfe wird somit tiefer angesetzt als die Asylsozialhilfe. Dies, weil die Nothilfebezügerinnen und -bezüger rechtsgültig aus der Schweiz weggewiesen worden sind, sich jedoch der Rückreise in ihren Herkunftsstaat widersetzen. Deshalb erfolgt ab vier Personen eine Abstufung.

Familienzentren für Familien mit Kindern und alleinstehende Frauen

Viele Forderungen der NKVF werden durch separate Zentren nur für Familien und Frauen erfüllt. Ein erstes solches Zentrum wurde im Januar 2022 in Enggistein eröffnet, nachdem klar wurde, dass dies nicht in Biel realisiert werden kann. Die diesbezüglichen Arbeiten begannen, bevor überhaupt der Auftrag an die NKVF erfolgte. Seit Januar 2022 werden deutschsprachige alleinstehende Frauen sowie – seit den Frühlingsferien 2022 – Familien im Familienzentrum in Enggistein untergebracht. Dort stehen ihnen – nebst einer grosszügigen ruhigen und idyllischen Umgebung – ein Wohnzimmer, ein Spielzimmer mit Spielsachen, ein Aufenthaltsraum ausschliesslich für Frauen und ein Gesprächsraum für die Seelsorge zur Verfügung. Die im Zentrum wohnenden Kinder gehen in die Volksschule; das Schulhaus in Enggistein befindet sich in Sichtdistanz. Die nach Geschlechtern getrennten sanitären Anlagen und die Küche sind frisch renoviert. Über die Unterbringungslösung für französischsprachige Familien und französischsprachige alleinstehende Frauen wird die SID zu gegebener Zeit informieren.

Eine generelle Unterbringung von Familien in Wohnungen – wie von der NKVF gefordert – stünde im klaren Widerspruch zu den demokratisch legitimierten gesetzlichen Bestimmungen. Nothilfeleistungen bestehen aus einer Unterbringung in einer Kollektivunterkunft. Besonders Verletzliche hingegen erhalten Nothilfeleistungen nach ihren individuellen Bedürfnissen. Sie können auch in einer Wohnung untergebracht werden, wenn die individuellen Bedürfnisse eine Unterbringung in einer Kollektivunterkunft nicht zulassen, beispielsweise aufgrund eines körperlichen Gebrechens. Familien mit Kindern gelten aber nicht systematisch als besonders verletzlich.

Kein Ausweisdokument zur Umgehung von Bussen wegen illegalen Aufenthalts

Alle in den Rückkehrzentren untergebrachten Bewohnerinnen und Bewohner haben sich bis anhin ihrer Pflicht zur selbständigen Ausreise widersetzt. Dies trotz ihres rechtskräftigen Wegweisungsentscheids und obwohl von den Bundesbehörden festgestellt worden ist, dass sie zurückkehren können und die Rückkehr zumutbar ist.

Die SID lehnt es ab, Personen mit einem rechtsgültigen Wegweisungsentscheid ein Papier auszuhändigen, damit sie sich bei Polizeikontrollen ausweisen und Geldbussen wegen illegalen Aufenthalts umgehen können. Solche «Ausweise» ändern nämlich nichts am rechtwidrigen Aufenthalt und damit an der grundsätzlichen Strafbarkeit des illegalen Aufenthalts in der Schweiz. Dies hat auch der Bundesrat schon mehrfach bestätigt. Zuletzt in seiner Antwort auf eine Interpellation im Nationalrat. Ebenfalls lehnt die SID die Entlöhnung von Putzarbeiten in der Unterkunft, individuelle Kochgelegenheiten in den Zimmern sowie die generelle 2/3-Belegung wie zu Pandemiezeiten ab.

Viele Anliegen der NKVF wurden bereits umgesetzt

Die SID hat viele Empfehlungen der NKFV bereits seit Beginn des Betriebs der Rückkehrzentren im Sommer 2020 umgesetzt. Beispielsweise die Teilnahme an Schullagern, eine adäquate Gesundheitsversorgung, den Zugang zu Hygieneartikeln und Verhütungsmitteln, WLAN und die Zusammenarbeit mit Freiwilligen (siehe Medienmitteilung der Sicherheitsdirektion vom 10. Februar 2022). 

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