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Denkmalpflegepreis 2014: Ausgezeichnet: Die Eleganz der 1950er Jahre
6. Mai 2014 Medienmitteilung; Bildungs- und Kulturdirektion
Die Denkmalpflege des Kantons Bern verleiht zum fünften Mal den Anerkennungspreis für die Restaurierung und Weiterentwicklung eines Baudenkmals. Die Eigentümer eines Wohnhauses aus den 1950er Jahren in Muri setzten sich zum Ziel, das Bauwerk des bekannten Architekten Willi Althaus möglichst unverändert zu erhalten. Der Denkmalpflegepreis würdigt ihr konsequentes Vorgehen bei der Restaurierung. Als Novum wird 2014 erstmals zusätzlich zum Denkmalpflegepreis auch ein Spezialpreis verliehen: Erster Preisträger ist das modernisierte Berufs- und Weiterbildungszentrum BWZ in Lyss.
Der Architekt Willi Althaus hatte das mit dem Denkmalpflegepreis 2014 ausgezeichnete Wohnhaus in Muri bei Bern 1953/54 für sich und seine Familie errichtet. Der filigrane Bau verkörpert die Eleganz der 1950er Jahre, geschickt ist er in den steilen Hang eingefügt. Die Verbindung von Aussen- und Innenraum ist das architektonische Kernthema, das Wohngeschoss öffnet sich zum Garten hin, fliessend geht die Terrasse in den Essraum über. Das Haus ist ein Gesamtkunstwerk und nahezu original erhalten: Fifties von A bis Z.
Die Qualität des Originals
Bauherr und Architekt Ueli Krauss ist der Enkel von Willi Althaus und kennt das Haus seit seiner Kindheit. Krauss und sein Lebenspartner Alexander Gempeler entschieden sich 2009 zum Umzug in das Grosselternhaus. Für die Restaurierung nahmen sie sich vor, das Bauwerk möglichst authentisch zu belassen und alle Eingriffe genau zu planen und zu begleiten.
Die Restaurierung der originalen Oberflächen und Bauteile erforderte viel Fingerspitzengefühl. Bei jedem Eingriff überlegten sich die Bauherren, ob eine Massnahme überhaupt nötig war oder ob eine Reparatur ausreichte. Als schonendste und zugleich effizienteste Methode erwies sich oftmals die gründliche Reinigung der Oberflächen. Auf diese Weise erhielt etwa der Terrazzoboden im Entrée seinen Glanz zurück. Auch bei den Linoleumböden im Obergeschoss genügte es glücklicherweise, diese abzuschleifen und neu zu versiegeln: Die Qualität der originalen Materialien ist verblüffend.
Ökologie am Baudenkmal
Um die wirkungsvollsten und für das Baudenkmal schonendsten energetischen Verbesserungen zu bestimmen, wurde das Gebäude analysiert. Dabei zeigte sich, dass die Fenster für einen Grossteil des Energieverlustes verantwortlich waren. Man entschied sich für die Aufrüstung der Fenster mit neuen Gläsern und einer zusätzlichen Dichtung. Effektiv war ausserdem die Dämmung der Kellerdecke und des Estrichbodens. Das Beispiel zeigt, dass sich das Bestehende oft bewährt, weil hier alles aufeinander abgestimmt ist. Die Beibehaltung originaler Bauteile spart ausserdem graue Energie – und Kosten. So blieb auch die bewährte Warmluftheizung aus den 1950er Jahren in Betrieb. Willi Althaus hatte das damals neuartige System 1952 in den USA studiert.
Im Geiste des Erbauers
Die heutigen Eigentümer pflegen und bewohnen das Haus im gleichen Geist wie die Erbauergeneration – trotzdem ist es kein Museum. Sie finden, dass der Denkmalpflegepreis eigentlich eine Anerkennung für die ganze Familie ist. Willi Althaus entwickelte sich zwar in seinem Schaffen stetig weiter, verzichtete aber darauf, sein Haus mit dem jeweils Neuesten auszurüsten. Genauso zurückhaltend handelte später sein Sohn Jürg Althaus. «Alle haben Sorge getragen», stellen Ueli Krauss und Alexander Gempeler fest.
Spezialpreis der Fachkommission für Modernisierung des BWZ in Lyss
Mit dem Denkmalpflegepreis zeichnet die Denkmalpflege des Kantons Bern in Zusammenarbeit mit der Fachzeitschrift «UMBAUEN+RENOVIEREN» als Medienpartnerin seit 2010 jährlich eine Bauherrschaft aus, die in Zusammenarbeit mit der Fachstelle ein – auf den ersten Blick – unspektakuläres Baudenkmal sorgfältig restauriert und weiterentwickelt hat.
Beim Spezialpreis, der dieses Jahr erstmals verliehen wird, geht es nicht wie beim Hauptpreis um «Alltagsarchitektur». Vielmehr richtet sich hier das Augenmerk auf eine spektakuläre Restaurierung oder aussergewöhnliche Einzelmassnahme. Zur Auswahl stehen dabei alle möglichen Bautypen wie Kirchen oder Schlösser, Gasthöfe oder Villen, Schulhäuser oder Scheunen. Die kantonale Fachkommission für Denkmalpflege ist als externe Jury für die Wahl des Objekts zuständig.
Der erste Spezialpreis geht an das Berufs- und Weiterbildungszentrum BWZ Lyss. Das Gebäude gilt als Paradebeispiel der «béton brut» –Architektur der 1960er Jahre. Da das Gebäude nach 40 Jahren nicht mehr den heutigen Anforderungen und Vorschriften entsprach, wurde das BWZ vom kantonalen Amt für Grundstücke und Gebäude als Bauherrschaft gemeinsam mit Suter + Partner Architekten saniert. Heute erfüllt es alle geltenden Normen und erreicht Standard Minergie ECO. Die Modernisierung der Schulhausanlage zeigt beispielhaft den Weg auf, einen Bau, der in seiner Gesamtdisposition und seiner architektonischen Erscheinung zeugnishaft für die 1960er Jahre ist, behutsam an heutige Vorstellungen anzupassen. Dabei wurden die wesentlichen Charakteristika und der Denkmalwert des Baus nicht beeinträchtigt.
Preisverleihung, Ausstellung und Führung
Die Preisverleihung ist öffentlich und findet am Donnerstag, 22. Mai 2014 um 18.30 Uhr im Stadtsaal des Kornhausforums Bern statt. Ergänzend zur Reportage präsentiert eine kleine Ausstellung in der Galerie des Kornhausforums zusätzliche Informationen zur Bau- und Restaurierungsgeschichte. Mitte Juni wandert die Ausstellung weiter in die Gemeindeverwaltung Muri bei Bern, wo sie bis Ende Juli 2014 zu besichtigen sein wird. Das Wohnhaus in Muri bei Bern kann im Juni 2014 im Rahmen der Sommerführungen der Denkmalpflege besichtigt werden (siehe unten).
Begleitausstellung in Bern vom 23. Mai bis 21. Juni 2014
Galerie Kornhausforum, Di–Fr 10–19 Uhr, Sa 10–17 Uhr
Begleitausstellung in Muri bei Bern vom 24. Juni bis 25. Juli 2014
Foyer Gemeindeverwaltung, Mo–Fr 8.00–11.30 Uhr, 13.30–17.00 Uhr (Di bis 18.30 Uhr, Fr bis 16 Uhr)
SOMMERFÜHRUNGEN: DIE QUALITÄT DES ORIGINALS
Tavannes: Béton et aménagement intérieur
Mercredi, 25 juin 2014, 18 h
Rendez-vous : Rue des Prés 43
Muri bei Bern: Die Eleganz der 1950er Jahre
Donnerstag, 26. Juni 2014, 18 Uhr
Treffpunkt: Kräyigenweg 21
Därstetten: Frauen als Bauherrinnen – Die Sonntagsstube der Schwestern Mani
Mittwoch, 2. Juli 2014, 17.45 Uhr
Treffpunkt: Bahnhof Därstetten
Mediendokumentation
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Sonderpublikation Denkmalpflegepreis 2014 Link öffnet in einem neuen Fenster. (PDF, 9 MB, 16 Seiten)
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Informationen zum Denkmalpflegepreis 2014 Link öffnet in einem neuen Fenster. (PDF, 26 KB, 2 Seiten)
Bild anzeigen Das Wohnhaus wurde 1953/54 von Willi Althaus erbaut. Jedes Detail ist durchgestaltet: Das Haus ist ein Gesamtkunstwerk und fast vollständig original erhalten. Foto 2013, Alexander Gempeler, Bern
Bild anzeigen Haus und Garten bilden wie in vielen von Willi Althaus‘ Werken eine gestalterische Einheit. Foto 2013, Alexander Gempeler, Bern.
Bild anzeigen Die Verbindung von Innen- und Aussenraum ist ein architektonisches Kernthema. Die Fussböden der Terrasse und des Essbereichs gehen nahtlos ineinander über. Foto 2013, Alexander Gempeler, Bern.
Bild anzeigen Die raumhohen Fenster lassen den Wohn- und Essbereich quasi zu Gartenzimmern werden. Foto 2013, Alexander Gempeler, Bern.
Bild anzeigen Hinter der gewölbten Decke des Wohnzimmers verlaufen die Lüftungskanäle der Warmluftheizung, die Öffnungen befinden sich in der Lochdecke. Foto 2013, Alexander Gempeler, Bern.
Bild anzeigen Hinter dem Einbaumöbel befand sich ehemals das Heimbüro von Willi Althaus. Die Holzfigur «Genius» von Marcel Perioncioli hängt an ihrem angestammten Platz über dem Cheminée. Foto 2013, Alexander Gempeler, Bern.
Bild anzeigen Im Terrazzoboden im Entrée zeigen die Seerosenteich-Motive die Naturverbundenheit des Architekten. Foto 2013, Alexander Gempeler, Bern.
Bild anzeigen Die originalen Bau- und Detailpläne von Willi Althaus blieben erhalten, so auch der Entwurf für den Terrazzoboden im Entrée (Archiv Willi Althaus, Foto Alexander Gempeler). Foto 2013, Alexander Gempeler, Bern.
Bild anzeigen Treppenhaus OG, den Backstein als Gestaltungselement entdeckte Willi Althaus in Amerika. Foto 2013, Alexander Gempeler, Bern.